Tippelmarkt & Töpferhandwerk in der Oberlausitz/Niederschlesien
Gerd Weise vom Kulturservice Görlitz und Mario Förster vom Regionalportal ostsachsen.de waren in der Oberlausitz unterwegs, um ein Handwerk zu porträtieren, das in dieser Region seit Jahrhunderten verwurzelt ist: die Töpferei. Ihr Ziel war die traditionsreiche Töpferei Meißner in Trebus, unweit von Görlitz gelegen. Dort trafen sie auf Günther Meißner und seine Familie, die das Handwerk nicht nur ausüben, sondern leben – mit Herz, Geschichte und einem tiefen Verständnis für Material, Form und Funktion.

Schon beim Betreten der Töpferei spürt man, dass hier etwas Besonderes entsteht. Die Luft ist erfüllt vom Geruch feuchter Erde, leiser Musik und der Ruhe, die man nur an Orten findet, an denen Menschen mit Hingabe arbeiten. Günther Meißner, der Töpfermeister, empfängt seine Gäste mit einem Lächeln, das nicht aufgesetzt wirkt, sondern echt ist. Er berichtet von der Geschichte seiner Familie, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht. Ursprünglich aus Meißen stammend, waren seine Vorfahren für Fürst Pückler tätig, stellten Ziegel her und errichteten die typischen Klinkerbauten der Region. Der Name „Meißner“ ist also kein Zufall, sondern ein Stück gelebte Familiengeschichte.








Handwerk mit Geschichte – die Töpferei Meißner in vierter Generation
Die heutige Töpferei steht in Trebus, und auch dort wird noch mit dem gleichen Ton gearbeitet, der seit Jahrhunderten aus dem Lausitzer Boden gewonnen wird. Dieser Ton ist widerstandsfähig, feuerfest und langlebig – ideale Voraussetzungen für Geschirr, das nicht nur schön anzusehen ist, sondern auch alltagstauglich bleibt. Der Herstellungsprozess beginnt mit dem Kneten, dem sogenannten „Walken“ des Tons, bei dem Luft und Spannung aus dem Material entfernt werden. Erst dann kommt die Drehscheibe ins Spiel. Hier zeigt sich das wahre Können des Töpfers: aus einem formlosen Klumpen entsteht mit ruhiger Hand und viel Gefühl ein Gefäß, das am Ende nicht nur praktisch, sondern auch einzigartig ist.
Was die Töpferei Meißner so besonders macht, ist nicht nur ihre Geschichte, sondern vor allem ihre Haltung zum Handwerk. Günther Meißner spricht davon, dass man im Leben doppelt bezahlt wird: einmal bei der Arbeit, wenn man Freude daran hat, und ein zweites Mal durch die Freude der Kunden, die die fertigen Stücke mit nach Hause nehmen. Es ist diese Haltung, die man bei jedem Gespräch, bei jeder Geste und bei jedem Handgriff spürt. Es geht hier nicht um Masse, sondern um Klasse. Nicht um Profit, sondern um Authentizität.
Der Schlesische Tippelmarkt – Tradition inmitten der Görlitzer Altstadt
Einmal im Jahr verlassen die Töpfer der Region ihre Werkstätten und treffen sich zum Schlesischen Tippelmarkt in Görlitz. Dieser Markt, der in der historischen Altstadt rund um das Heilige Grab stattfindet, ist weit mehr als ein gewöhnlicher Töpfermarkt. Es ist ein Fest des Handwerks, ein lebendiges Museum unter freiem Himmel, bei dem über 60 Töpfermeister aus ganz Deutschland ihre Arbeiten zeigen. Das Besondere: Nur echte Handwerksmeister dürfen teilnehmen. Industrieprodukte oder Massenware sind hier fehl am Platz. Stattdessen gibt es liebevoll gestaltetes Steinzeug, Schalen, Krüge, Becher und Töpfe – jedes Stück erzählt seine eigene Geschichte.
Der Tippelmarkt ist dabei nicht nur ein Verkaufsort, sondern auch eine Bühne. Hier wird getöpfert, gezeigt, erklärt und mit den Besuchern gesprochen. Kinder dürfen selbst Hand anlegen und erleben in kleinen Werkstätten, wie aus Ton Figuren und Gefäße entstehen. Musik liegt in der Luft, es gibt Streuselkuchen, regionale Spezialitäten und viele Gespräche mit Menschen, die für das brennen, was sie tun. Besonders hervorzuheben ist, dass der Markt von echten Handwerkern getragen wird – viele von ihnen arbeiten seit Generationen in ihren Familienbetrieben, genau wie die Meißners in Trebus.
Während des Besuchs von Gerd Weise und Mario Förster konnten sie nicht nur hinter die Kulissen blicken, sondern auch selbst mit anpacken. Auf der Drehscheibe versuchten sie sich unter Anleitung des Meisters am Ton. Schnell wird deutlich, wie viel Fingerspitzengefühl, Kraft und Erfahrung es braucht, um den Ton in Form zu bringen. Die Hände müssen fest, aber nicht verkrampft sein, die Bewegung kontrolliert und gleichzeitig fließend. Der Ton will geführt werden, er lässt sich nicht zwingen – wer zu viel Druck ausübt, zerstört die Form. Es ist ein Spiel zwischen Mensch und Material, das Jahrhunderte überdauert hat.
Die Töpferei Meißner ist mehr als nur ein Ort der Produktion. Sie ist ein Ort des Bewahrens, des Weitergebens und des Innehaltens. In einer Zeit, in der viele Produkte seelenlos aus Maschinen kommen, steht das Handwerk hier für etwas anderes: für Individualität, für Nachhaltigkeit und für die Freude an der Arbeit. Die Besucher erleben nicht nur, wie etwas entsteht, sondern auch, warum es wichtig ist, solche Traditionen zu pflegen.
Der Schlesische Tippelmarkt wiederum ist das Schaufenster dieses Handwerks. Er verbindet Vergangenheit und Gegenwart, lädt ein zum Staunen und Kaufen, zum Reden und Ausprobieren. Wer durch die Gassen von Görlitz schlendert, den Klang der Töpferscheiben hört und den Duft von frisch gebackenem Kuchen in der Nase hat, spürt schnell: Hier geht es um mehr als nur um Keramik. Es geht um Kultur, um Begegnung und um das, was unsere Region lebendig hält.
Ein Besuch in der Töpferei Meißner oder auf dem Tippelmarkt ist nicht nur ein schönes Ausflugsziel, sondern ein Erlebnis für alle Sinne. Man erfährt etwas über die Geschichte der Region, lernt Menschen kennen, die ihr Handwerk mit Leidenschaft leben, und nimmt am Ende vielleicht ein Stück davon mit nach Hause – sei es in Form einer handgedrehten Schale oder einer Erinnerung, die bleibt. Gerade in einer Welt, die sich immer schneller dreht, ist es wohltuend, Orte wie diese zu entdecken. Orte, an denen man die Zeit nicht verliert, sondern sie gewinnt.
Kontakt:
Töpferhof Meißner
Severine Meißner
Neulänge 25 A, 02923 Trebus
Schlesischer Tippelmarkt
Görlitzer Kulturservicegesellschaft mbH
Brüderstraße 9
02826 Görlitz
Telefon: +49 (0) 3581 – 66 921 20